Freiheit und Überwachung

Ende des 18. Jahrhunderts beschrieb der britische Philosoph Jeremy Bentham mit dem Panopticon eine Möglichkeit der totalen Überwachung: In einem Fabrikgebäude sollten von einem zentralen Ort aus sämtliche Arbeiter jederzeit durch eine kleine Anzahl an Wächtern überwacht werden können. Die Wächter sind dabei so platziert, dass sie von den Überwachten nicht gesehen werden können, welche daher niemals wissen können, ob sie gerade Gegenstand der Betrachtung sind oder nicht. Mit dieser Ungewissheit soll ein Konformitätsdruck erzeugt werden, sich jederzeit korrekt zu verhalten. Auch der Einsatz dieses Konzepts in Schulen und natürlich Gefängnissen wurde erwogen – für letzteres gab es tatsächlich einige Umsetzungen. „Freiheit und Überwachung“ weiterlesen

Ein paar Ergänzungen zum Überwachungsskandal

Ich möchte hier noch ein paar Ergänzungen zu den letzten Beiträgen anbringen:

  1. Die USA haben bisher kein einziges Programm oder keinen einzigen Teil des Überwachungssystems geleugnet. Deutsche Politiker stellen Snowdens Enthüllungen ja mitunter als nicht nachzuprüfende Behauptungen dar. Die Regierung der Vereinigten Staaten dagegen versucht lediglich, die Verletzung der Grundrechte vieler Menschen herunterzuspielen. Das neueste Beispiel: XKeyscore. Hier wird wiederum nicht versucht, das Ausmaß der Überwachung zu bestreiten; es wird lediglich versichert, dass nur ausgewählte und vertrauenswürdige Geheimdienstmitarbeiter Zugriff auf die Daten hätten.
  2. Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, macht klar, dass es kein Supergrundrecht gibt.
  3. Deutsche sollen durch die Weitergabe der Daten des BND an die NSA nicht betroffen sein – ihre Einträge würden gefiltert oder anonymisiert. Wie das zuverlässig funktionieren soll, ist natürlich unklar. Gerüchten zufolge sollen einfach Telefonate mit einer +49-er Vorwahl und E-Mails von .de-Adressen ausgenommen sein. Als würden Deutsche nicht auch andere Domains oder Vorwahlen nutzen können!
  4. Sascha Lobo entlarvt bei Spiegel Online, mit welchen Halbwahrheiten und fadenscheinigen Ausreden sich Kanzleramtsminister und Geheimdienstkoordinator Pofalla aus der Affäre reden möchte.
  5. Außerdem gibt’s eine Übersicht über den Ablauf des Überwachungsskandals in Zitaten.

Die Aufgabe des Innenministers

Der internationale Überwachungsskandal hat ein neues Kapitel erreicht. Unser Innenminister Friedrich hat die USA bereist und ist mit einer Menge Beschwichtigungen zurückgekommen. Die Überwachung wäre erstens nicht so schlimm, sei zweitens durch amerikanisches (!) Recht gedeckt und drittens hätte sie auch bei uns fünf (in Europa insgesamt 25) Terroranschläge verhindert. Wobei, das mit den Terroranschlägen, da ist er sich dann doch nicht mehr so sicher; vielleicht waren es ja doch nur zwei. Oder weniger. Und bei mindestens einem von ihnen („Sauerland-Gruppe“) war die CIA irgendwie involviert.

Diesem Minister, der die nach unserem Rechtsverständnis völlig inakzeptable Totalüberwachung (selbst unsere dagen als harmlos erscheinende Vorratsdatenspeicherung ging viel zu weit) durch eine ausländische Supermacht nicht nur toleriert, sondern auch noch rechtfertigt, haben wir zwei extrem verantwortungsvolle Aufgaben übertragen: den Schutz unserer Verfassung und unserer Telekommunikation. Und er hat bei beidem hoffnungslos versagt. „Die Aufgabe des Innenministers“ weiterlesen