Aus aktuellem Anlass.
Studenten müssen sich in wissenschaftlichen Arbeiten mit einigem an Literatur auseinandersetzen. Diese findet sich allerdings in der Regel nicht mehr in Büchern, die in Bibliotheken eingesehen werden können, sondern in Tagungsbänden (Proceedings), die bei den Verlagen online abrufbar sind. Dafür muss eine Universität eine Lizenz erwerben, die Zugriffe aus dem universitätseigenen Netz auf diese Inhalte ermöglicht. Studenten können also bei der Nutzung von Rechnern auf dem Campus oder über ein VPN benötigte Papers und Buchkapitel herunterladen.
Immer wieder sind diese Lizenzgebühren für eine Universität (insbesondere wenn es sich um das Fachgebiet eines kleinen Instituts handelt) zu teuer und werden nicht (mehr) bezahlt. Das hat zur Folge, dass man als Student erfinderisch werden muss, um die Inhalte dennoch zu erhalten. Möglicherweise hat jemand (teilweise widerrechtlich) eine Kopie des gesuchten Papers auf einen Webserver gestellt und es kann über Google Scholar gefunden werden? Kennt man einen ehemaligen Kommilitonen, der sich an einer anderen Hochschule befindet und von dort möglicherweise Zugriff auf die gewünschten Dokumente hat?
Problematisch wird das ganze Thema meines Erachtens insbesondere dort, wo Publikationen von Mitarbeitern der eigenen Universität nicht mehr verfügbar sind. Immerhin musste die Universität bereits indirekt eine große Summe für die Publikation des wissenschaftlichen Artikels bezahlen: Publiziert wird grundsätzlich nur das, was nach Annahme durch ein Review-Verfahren auf der zugehörigen Tagung präsentiert wurde. Eine Finanzierung der Publikation erfolgt über die Tagungsgebühr, die in der Regel im hohen dreistelligen Bereich liegt.
Neben der Entrichtung der Tagungsgebühr muss ein Autor eine (je nach Verlag strengere oder weniger strenge) Abtretungserklärung der Verwertungsrechte unterschreiben. Damit ist ihm häufig untersagt, das Paper selbst online zur Verfügung zu stellen oder es auf anderem Wege zu verbreiten.
Unter dem Strich bedeutet dies, dass eine Universität für eine Publikation aus den eigenen Reihen dreimal bezahlen muss:
- Der Autor ist an der Universität beschäftigt und somit wird über seine Entlohnung die Erstellung der Arbeit finanziert.
- Damit die Arbeit offiziell publiziert wird (nur dann ist sie auch zitierfähig), muss die Universität den Autoren zu einer Tagung schicken und die Tagungsgebühr entrichten.
- Ist die Arbeit publiziert, dann muss die Universität sie über eine Lizenzgebühr vom Verlag zurückkaufen, damit sie Studenten und Mitarbeitern zur Verfügung steht.
Betrachtet man nicht nur eine Universität, sondern ein Bundesland (das ja die Universitäten finanziert), so kommt es zu noch höheren Kosten, da jede einzelne Universität jeweils eine eigene Lizenz erwerben muss.
Einen Ausweg aus diesem System bietet Open Access. Die Idee dabei ist, dass eine Universität für die Erstellung und Publikation einer Arbeit wie gewohnt finanziert. Anschließend wird das Werk jedoch kostenfrei veröffentlicht und stet somit jedermann zum Lesen, Herunterladen, Drucken, Kopieren, etc. zur Verfügung. Es soll bei diesem Ansatz lediglich sichergestellt werden, dass eine Namensnennung bei Werken erhalten bleibt und die Autoren somit die ihnen zustehende Anerkennung (Zitierung) erhalten.
Leider vollzieht sich die Umstellung hin zu Open Access-Publikationen nur sehr langsam, da viele renommierte Konferenzen oder Journals weiterhin den klassischen Weg wählen. An der Uni Regensburg gibt es immerhin eine Initiative und finanzielle Förderung für Open Access. Wollen wir hoffen, dass sich das mehr und mehr verbreitet, damit sämtliche wissenschaftliche Arbeiten endlich allen frei zur Verfügung stehen!
Ergänzung: Auch ich habe bisher keine Open Access-Publikation. Ich gelobe aber Besserung! 🙂
Update: Meine Dissertation ist als Open Access-Publikation verfügbar.